Startup Diary

Startup Diary #1: „Support your Locals“ – oder wer wirklich hinter deiner Amazon-Bestellung steckt…

Viele Kunden möchten insbesondere in der Corona-Krise ihre kleinen und regionalen Unternehmen unterstützen, da viele durch den Lockdown besonders hart getroffen wurden. Aber was genau bedeutet denn „klein“ und „regional“ wirklich? Steckt mehr hinter diesen Begriffen, als das kleine Café um die Ecke oder der große Textil-Händler in der Innenstadt?

Um es gleich vorweg zu nehmen, ich habe eine sehr klare (und etwas subjektive) Meinung zu diesem Thema. Aber das ist auch schon alles. Es ist nur eine Meinung. Ihr müsst NICHT mit mir übereinstimmen oder Beifall klatschen, ich möchte Euch lediglich meine Sicht der Dinge schildern und vielleicht dem einen oder anderen die Augen öffnen, dass es inzwischen genügend „unsichtbare“ Startups und Unternehmen vor Ort gibt, die es definitiv auch wert sind unterstützt zu werden.

Klein und Lokal ist nicht gleich Stationär und vor Ort

Ach ja das Internet. Dieses pfiffige Neuland. Wenn man eine Sache in der Krise gerade ganz deutlich sieht, dann das viele Dinge plötzlich doch gehen, weil sie gehen müssen. Auf ein Mal gehören Dinge wie Onlinebanking, Videokonferenzen, bargeldloses Zahlen oder – ach herrje – Onlineshopping zum Alltag. Vieles, das gerade rasend schnell in unseren Alltag einzieht war bereist vorher technisch schon möglich, aber nicht in die Realität umgesetzt. Denn der Mensch tut sich mit Veränderungen schwer. Home Office? Da arbeitet doch niemand! Aber mal ganz ehrlich, wer nicht arbeiten will, kann auch prima im Büro Arbeit simulieren. Solche Kollegen kennt bestimmt jeder und auch ich hatte eine ganze Menge von der Sorte…

Home Office Global und Lokal

Für mich war Home Office nichts neues, da ich bereits seit längerer Zeit von zuhause aus arbeite. Nach endlosen Jahre in „normalen“ Nine-to-five-Jobs halte ich inzwischen nichts mehr von örtliche gebundenen Jobs und starren Arbeitszeitmodellen. Diese sind absolut nicht mehr zeitgemäß und passen nicht zu unserer extrem beschleunigten und vollgestopften Lebensweise. Inzwischen denken viele Menschen so und das Internet bietet uns zahlreiche Möglichkeiten Geld online zu verdienen und unser eigenes kleines Unternehmen zu gründen. Deshalb gibt es mittlerweile viele kleine Händler, Selbstständige und Startups, die von zuhause oder irgendwo auf der Welt aus arbeiten. Lokal oder Global – es spielt keine große Rolle mehr. Die Meisten dieser Freelancer und Startups haben dabei nicht das Ziel unentwegt um die Welt zu reisen, viel mehr geht es um persönliche Freiheit, darum mehr Zeit mit der Familie und den Hobbies zu verbringen und endlich einen erfüllenden Job zu haben. Deshalb jettet nur ein Bruchteil dieser „Remote Worker“ als sogenannte „Digitale Nomaden“ ständig um die Welt. Folglich haben viele dieser Selbstständigen ihr Gewerbe ganz normal in Deutschland angemeldet und zahlen meist eben auch direkt in ihrer Heimatstadt Gewerbesteuer. Lokal genug? Ich hoffe doch sehr!

Digital statt Stationär

Warum also ein teures Büro oder Ladengeschäft anmieten, wenn man (fast) alles vom Home Office oder einem Co-Working-Space erledigen kann? Stellt Euch doch bloß mal vor, ich hätte in meiner kleinen Heimatstadt ein Ladengeschäft anmieten müssen – und glaubt mir die Mieten hier sind sehr sportlich… Ich hätte keine Zeit in die Produktentwicklung stecken können, da man ja selbst überwiegend im Laden steht. Stattdessen hätte ich wohl einen „Gemischtwarenladen“ für Künstlerbedarf anderer Marken gehabt, mit viel Kapitaleinsatz und wenig Gewissheit ob genügend Kundschaft für eine solche Nische vorhanden ist. Ein recht hohes Risiko für eine einzelne Person. Gerade im Moment wird deutlich, wie abhängig kleine Läden von täglicher Laufkundschaft im Geschäft sind. Die Fixkosten wie Miete laufen immer weiter, obwohl man keine Umsätze macht.

Was Amazon damit zu tun hat und was Ihr oft nicht seht

54% der Händler, die 2019 weltweit auf Amazon aktiv waren, sind „Third-Party-Seller“, gehören also NICHT zu Amazon.

73% davon sind Unternehmen mit nur 1-5 Mitarbeitern.

Quelle: www.statista.com

Was? Fast dreiviertel der Nicht-Amazon-Händler haben nur 1-5 Mitarbeiter! Ist das klein genug? Ich denke schon. Oft genügt ein Blick ins Impressum und Ihr seht, dass viele Händler kleine (Einzel-) Unternehmer sind und kein großer Konzern dahinter steht.

Amazon für kleine Händler – mehr als Jeff und seine Steuern

Man muss Jeff Bezos nicht mögen. Es gibt genügend andere Milliardäre auf der Welt, die das mit der Philanthropie besser können als er. Aber eines hat Jeff uns kleinen 73% der 54% ermöglicht: einen einfachen Zugang zu Millionen von Kunden und die Chance sich etwas eigenes mit weniger Risiko als im stationären Handel aufzubauen. Natürlich verdient Amazon an unseren Umsätzen kräftig mit und wir sind sehr abhängig von dieser Plattform. Teilweise ändern sich die Regeln für Händler über Nacht und man läuft ständig Gefahr, dass einem alles ganz schnell genommen werden kann. Aber um es ganz deutlich zu sagen: Die Stilisierung von Amazon als Bösewicht und Hassbild gehen mir schon ziemlich lange auf den Keks und kommt meist von Leuten, die sich nur mit der Person Jeff Bezos und seiner Unternehmensstrategie beschäftigt haben. Das hinter Amazon viele kleine Händler stehen und nun auch stationäre Händler immer mehr die enorme Reichweite von Amazon erkannt haben und mitnutzen wird jedes Mal gekonnt ausgeklammert. Gerade in Corona-Zeiten begeistert es mich, dass viele kleine Läden vor Ort extrem schnell reagiert haben und einen Onlineshop oder Lieferservice für ihre Produkte aufgebaut haben, um ihre Existenz zu sichern. Neben eigenen Onlineshop-Lösungen bieten viele ihre Ware nun auch auf Amazon, eBay und Co. an.

The Everything Store

Bereits vor Corona war es ziemlich naiv anzunehmen, gäbe es Amazon nicht, würden die lokalen Einzelhändler wieder florieren. Die fetten Jahre für ein paar wenige, alteingesessene Einzelhändler sind vorbei. Die großen Kaufhäuser sind schon lange in der Krise, da die Kunden inzwischen immer speziellere Nischen-Produkte im Internet kaufen können, die man vor Ort niemals finden würde. Denn kein Kaufhaus der Welt kann alle Artikel jeder Produkt-Nische anbieten. Außer Online-Riese Amazon. Passenderweise heißt Jeff Bezos‘ Biografie „The Everything Store“, also „Der Alles-Laden“. Darin wird der Weg Amazons vom Mini-Online-Buchhändler-Startup aus der Garage heraus zum „Alles-was-du-willst“-Mega-Konzern beschrieben. Wenn Ihr mehr über den Aufstieg von Amazon und die Person Jeff erfahren möchtet, kann ich Euch dieses Buch wärmstens empfehlen. Mich interessiert immer warum Menschen so sind, wie sie sind. Dieses Buch gibt einem zumindest einen kleinen Einblick wer und was hinter Amazon steckt. Wie gesagt, man muss Jeff nicht mögen. Bei ihm angestellt zu sein wäre sicher auch unter den Top-3 meiner persönlichen Alpträume. Aber seine Ideen haben die Welt und unser Kaufverhalten nachhaltig verändert und es tausenden Menschen ermöglicht den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.

Hier findet Ihr das Buch im Original auf Englisch…

…und hier auf Deutsch. Viel Spaß beim lesen!

Kauft lokal, kauft bei kleinen Unternehmen – wie passe ich hier rein

Bin ich also auch Jeff? Ein Stück weit ja. Denn natürlich verdient er auch an meinen Umsätzen mit. Neben der Lagerung und Logistik gibt es weitere Händler-Gebühren, die an Amazon bezahlt werden. Aber das ist ok, denn schließlich nimmt mir Amazon dadurch einiges an Arbeit ab und ich habe Zeit mich um andere Dinge in meinem Unternehmen zu kümmern. Aber warum den nun verkaufe ich ausgerechnet auf Amazon? Ganz einfach: Weil eben ALLE dort einkaufen. Bereits im vergangenen Jahr nahm Amazon 37% des deutschen e-Commerce-Marktes ein. Schnelle Prime-Lieferung, extrem große Auswahl, gute Vergleichbarkeit der Produkte und Preise, sowie ein sehr guter Liefer- und Retourenservice überzeugen Millionen von Kunden, Tendenz weiter steigend. Auf dem Weg in die Selbstständigkeit wurden mir von allen Seiten extrem viele Steine in den Weg gelegt. Amazon war hingegen der einfachste Eintritt in den Onlinehandel, mit relativ überschaubarem Risiko. Versteht mich bitte nicht falsch, es ist überhaupt nicht mehr so leicht auf Amazon nach vorne zu kommen, wie es noch vor ein paar Jahren der Fall war. Aber wer nicht auf schnellen Erfolg aus ist und viel Arbeit in seine Produkte und Unternehmen steckt, hat durchaus die Chance sich dort zu etablieren. Wie lautet also nun mein Fazit zu dem ganzen Thema?

JA, ich bin REGIONAL und LOKAL, obwohl ich international und digital agiere und ganz bestimmt bin ich KLEIN!

Ich sitze täglich zuhause an meinem Laptop und versuche mich durch die schwierige Startup-Phase zu kämpfen. Mir hilft niemand und ich bin ein absoluter Einzelkämpfer.

Weder habe ich einen Gründungszuschuss bekommen (das ist ein anderes, sehr trauriges Thema…) noch irgendwelche Kurse oder Hilfe auf dem Weg von irgendwelchen Behörden erhalten. Es ist einfach nur komplett gelogen, dass Menschen auf dem Weg in die Selbstständigkeit vom Staat unterstützt werden, aber ich hoffe unsere aktuelle Krise ändert etwas an dieser Einstellung.

Jeden Tag arbeite ich mich Stück für Stück ein bisschen weiter voran. Und ja, es gibt Tage, da ist man unglaublich genervt oder kurz vor dem nächsten Nervenzusammenbruch und fragt sich, warum man sich das alles eigentlich antut. Für die Selbstständigkeit muss man gemacht sein. Man muss unglaublich zäh sein und einen langen Atem haben, denn ich bin ganz gewiss noch nicht „über dem Berg“. Trotzdem muss ich natürlich auch jetzt schon Steuern zahlen, denn ich habe mein Gewerbe hier angemeldet und erwirtschafte ja auch Umsatz.

Ich habe also weder einen Laden in der Innenstadt, noch klopfe ich alle paar Wochen bei der Regionalzeitung an die Tür, um den Leuten vor Ort aufs Brot zu schmieren, dass es mich gibt. Nein, ich sitze zuhause und arbeite von dort aus, bin also für die meisten Leute in meiner Heimatstadt als Unternehmerin und Marke unsichtbar. Denkt also beim nächsten Mal daran, wenn Ihr lokale und kleine Unternehmen unterstützen wollt, sind dies oft auch Einzelkämpfer und Freelancer, so wie ich, die online im stillen Kämmerlein agieren. Am Ende kann ich Euch sowieso nur meine eigene Philosophie ans Herz legen: Ihr allein entscheidet, wen Ihr mit Eurem hart erarbeiteten Geld unterstützt. Wenn ich online oder vor Ort shoppe bin ich mir sehr bewusst bei wem ich mein Geld ausgebe. Jeder der ehrlich und fair arbeitet hat Unterstützung verdient, egal ob on- oder offline.

Zuletzt noch das Wichtigste: Vielen Dank für EURE wahnsinnig tolle Unterstützung! Ich weiß jeden Kauf von Euch zu schätzen und bin dankbar, dass ich die Chance habe meinen Traum zu verwirklichen. Trotz ständigem Kampf, endlich profitabel zu werden hat sich mein Leben jetzt schon zu 1.000 % verbessert. Ich bin glücklich und liebe was ich tue! Danke für Alles!

xoxo Eure Mel ♥

2 Comments

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    Patricia

    Hallo Melanie,
    Ich habe vor ein Paar Wochen Stifte von dir bei Amazon gekauft, und wollte nur kurz sagen, dass Ich sehr zufrieden bin, Du hast nur in ein Paar Minuten das Problem mit dem Malbuch gelöst, also Ich werde immer wieder bei dir kaufen egal ob das durch Amazon ist oder nicht 😉
    PS: Ich hoffe, dass Mein Deutsch nicht so schlecht war, nächstes mal schreibe lieber auf spanisch 😉
    Saludos
    Patricia

    • Lani Art
      Lani Art

      Hola Patricia,
      vielen, vielen Dank für Deinen lieben Kommentar!!! 🙂 Ich bin total gerührt und freue mich, dass Du mit den Stiften so zufrieden bist. Natürlich versuche ich die Probleme mit dem eBook so schnell es geht zu lösen, auch wenn Amazon mir da gerade das Leben etwas schwer macht. Meine Kunden liegen mir echt am Herzen. Aber warte mal ein paar Wochen ab, es kommt noch ein paar tolle Neuerungen zu den Brush Pens hinzu, von der meine treuen Stammkunden auch profitieren sollen… sei gespannt! 😀
      Und Dein Deutsch ist richtig super!!! Ich lerne gerade mehr oder weniger erfolgreich Spanisch und kann mit Dir absolut nicht mithalten 😉 Ach ja was soll ich sagen… ich liebe Spanien einfach und hoffe ich kann irgendwann, wenn der ganze Corona-Wahnsinn vorbei ist, endlich mal einen entspannten Road Trip runter an den Atlantik machen. Das steht ganz weit oben auf meiner Europa-Bucket-Liste.
      Alles Liebe und bleib Gesund!
      Saludos Mel

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